Sie ist eine von mittlerweile 30 Sprachmittlern, auf die im neu eröffneten Psychosozialen Zentrum für Flucht und Trauma in der Rheinallee zurückgegriffen werden kann. Sie erzählt davon, wie es ist, in ein neues Land zu kommen. Wieviele Probleme sich stellen und wieviele Missverständnisse es gibt. "Früher gab es hier keine Caritas für so etwas und ich bin froh, dass ich nun auch anderen helfen kann" sagt sie voller Überzeugung.
Menschen, deren Leben bedroht wurde, sind psychisch verletzt. Statistiken zufolge leiden 40 % der Geflüchteten unter einer "Posttraumatische Belastungsstörung". Die Betroffenen werden immer wieder von Flashbacks erschüttert, die von minimalen Reizen ausgelöst werden: Eine Lampe erinnert an den Folterkeller und sofort sind alle schrecklichen Gefühle wieder da, einschließlich Zittern, Atemnot, Herzrasen und anderen körperlichen Symptomen. Kein Grund, sich zu schämen, sondern eine normale Reaktion auf unnormale Ereignisse, sagt Christine Barth-Lichter, Psychologische Psychotherapeutin im Psychosozialen Zentrum für Flucht und Trauma. Hier hat der Mainzer Caritasverband 2015 eine Anlaufstelle gegründet, die professioneller Hilfe leistet. Zuständig für Mainz und Worms sowie die Kreise Mainz-Bingen, Alzey-Worms, Bad Kreuznach und die "Rheinschiene" des Rhein-Hunsrück-Kreises.
Sprachmittler haben dabei viele Aufgaben. Sie sind nicht einfach nur Dolmetscher, sondern unterstützen auch bei kulturellen Unterschieden. Omar erklärt: "In Somalia gibt es nur zwei Möglichkeiten, entweder verrückt zu sein und in ein Krankenhaus zu gehen, oder sein Leiden zu verstecken. Deswegen trauen sich viele nicht über ihr Leid zu sprechen. Aber wenn sie Vertrauen gefasst haben, dann bricht alles aus den Menschen heraus. Und dann sind sie froh, Hilfe zu bekommen, bevor es so schlimm wird, dass sie ins Krankenhaus müssen" Viele fühlen sich aber auch hier noch nicht sicher. "Wann sehe ich meine Familie wieder, wann muss ich zurück und wie geht es in meinem Heimatland weiter" solche Fragen bleiben lange Zeit unbeantwortet.
Diplom-Sozialpädagogin Ute Lippert ergänzt: "Die Sprachmittler müssen die schlimmen Dinge nicht nur mit anhören, so wie die Therapeuten, sondern auch aussprechen, weil sie diese ja für ihre Landsleute übersetzen". Deswegen sieht das Gesamtkonzept vor, dass auch die Sprachmittler Gelegenheit zum Gespräch haben und von den Fachleuten begleitet und unterstützt werden..
"Der Pool der Sprachmittler ist ein großer Schatz für unsere Arbeit", so die hier tätige Diplom-Pädagogin Lilian Türk. "Die Menschen sind richtig erleichtert, wenn sie sich in ihrer Muttersprache alles von der Seele reden können, was sie belastet."
Auch für die Tanzgruppe, die Entspannungsgruppen, die Psychoedukationsgruppen und die geplante Kunst-Therapie-Gruppe sind die Sprachmittler im Einsatz.
"Schon nach einem Jahr kann man klar sagen, dass sich die Arbeit lohnt und reiche Früchte trägt. Der Bedarf ist sehr hoch. Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine weit verbreitete und schlimme psychische Erkrankung, aber sie ist gut und relativ schnell therapierbar, sagt der Leiter der Einrichtung, Diplom-Psychologe Ulrich Gerth. "Unbehandelt ist sie allerdings ein gravierendes Integrationshindernis. Regelmäßige Arbeit ist meist nicht möglich und durch die Konzentrationsstörungen, die aufgrund des Schlafmangels auftreten, ist das Deutschlernen enorm erschwert."
Das Land Rheinland-Pfalz, der Bund, die Deutsche Fernsehlotterie und Amnesty International unterstützen die Arbeit. Doch weist die Finanzierung Lücken auf. 10 % der Kosten müssen von der Caritas aufgebracht werden. Hierzu gehören auch die Kosten für die Sprachmittler, die für ihre Arbeit einen kleinen Obolus erhalten. Und manchmal muss das Zentrum auch einspringen, wenn eine Therapie bei einem niedergelassenen Therapeuten daran scheitern würde, weil Fahrtkosten oder Dolmetscherkosten nicht erstattet werden. "Deswegen bitten wir die Öffentlichkeit um Spenden", so Gerth weiter.
Die Sprachmittlerin Hilmar Omar berichtet darüber, wie froh die Menschen sind, wenn sie aussprechen
können, was sie auf dem Herzen haben. "Sie sind ganz am Boden zerstört und die Caritas richtet sie wieder auf". Insgesamt sprechen alle Mitarbeitenden und auch die Sprachmittlerin davon, wie erfüllend ihre Arbeit ist und wie viel die Menschen zurückgeben. "Sie sind sehr dankbar. Und wir sind ihnen dankbar, weil wir in Kontakt kommen dürfen zu den vielen Kulturen unserer Welt" fasst Gerth zusammen.
Wenn Sie spenden möchten:
Spenden-Konto-Nr.: DE 713 7060 193 4 000 212 011
Stichwort: "Wunden heilen".