"Für mich ist es wichtig, gemeinschaftlich zu trauern", sagte ein Teilnehmer der Trauerveranstaltung, der selbst mehrfach im Monat den Trauerort neben der Kirche St. Ignaz in Mainz aufsucht. Häufig fände er hier andere Menschen vor, die entweder zufällig dort sitzen oder auch ganz bewusst den Ort zum Trauern nutzen. Auch wohnungslose Menschen habe er hier schon angetroffen, berichtet der Trauergast. Eine Frau, die der Veranstaltung bewohnte, erzählte von ihrer Verwandtschaft im Libanon, wo derzeit vor allem in Beirut eine verheerende Situation herrsche. Sie nutze den Ort, um an ihre Liebsten in der Ferne zu denken.
Initiiert wurde das Treffen zum gemeinsamen Trauern von Nurhayat Canpolat vom Psychosozialen Zentrum für Flucht und Trauma. Sie begrüßte an diesem Freitagnachmittag die Anwesenden vor Ort und eröffnete die Veranstaltung. Solche Aktionen am Trauerort werden von einer AG, in der unter anderem Axel Geerlings-Diel und Maria Grittner-Wittig mitwirken, gemeinsam geplant.
Ergreifend waren die begleitenden Lieder der Iranerin Azadeh Barami, die auf eigene Fluchterfahrung zurückblickt. Vor acht Jahren floh die Sängerin aus ihrer Heimat: "Ich durfte dort keine Musik machen, konnte nicht frei sein." Eltern und Geschwister blieben zurück. Angekommen in Deutschland und schließlich in Mainz, nutzte Azadeh Barami häufig den Trauerort, um der Familie im Iran nah zu sein. Inzwischen wohnt die Musikerin im Taunus und bedauert es, dort keinen solchen Ort vorzufinden.
Elvan Zengin vom Psychosozialen Zentrum für Flucht und Trauma nutzt den Trauerort im Rahmen ihrer therapeutischen Sitzungen mit Klient*innen, um Abschiede besser zu verarbeiten. Sie trug während der Veranstaltung ein eigens geschriebenes Gedicht vor, welches die Anwesenden sehr berührte. Zum Abschluss hatten die Besucher*innen die Gelegenheit, auf Karten niederzuschreiben, was ihnen der Trauerort bedeute: "Trauer zeigen dürfen, Trauer teilen dürfen und Hoffnung schöpfen", war beispielsweise auf den bunten Karten zu lesen.
Ins Leben gerufen wurde der Trauerort vom Psychosozialen Zentrum für Flucht und Trauma des Caritasverbands Mainz. Die Eröffnung fand im Beisein des damaligen Oberbürgermeisters Michael Ebling im April 2018 statt. Mitarbeitende der Pfarrei St. Ignaz Mainz, auf dessen Außenbereich der Trauerort gebaut ist, pflegen den Platz, der rund um die Uhr allen Trauernden gleich welcher Herkunft und Religion offensteht.