„Caritas-Auszeit“ ist ein Angebot an die Ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen im Caritasverband Mainz e. V. seit 2015 im vierteljährlichen Rhythmus um Abzuspannen, um Aufzutanken.
Mainz, 2. September 2021: "Wissen Sie, warum bei uns der Haussegen schief hängt?", fragte Gästeführerin Karla Martin die 16 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen des Caritasverbandes Mainz e. V., die gemeinsam die Synagoge in Mainz besuchten. Die Frauen und Männer aus der Landeshauptstadt und den Landkreisen waren der Einladung zur "Caritas-Auszeit" gefolgt und nahmen am Donnerstag, 2. September, gemeinsam mit Anne Stein an der Führung durch das jüdische Bethaus teil, in welcher der Haussegen natürlich nicht schief hängt. "Das Sprichwort stammt jedoch aus dem jüdischen", erklärte Karla Martin der Besuchsgruppe. Genau wie viele weitere Begriffe, die schon lange den Einzug in den deutschen Sprachgebrauch fanden: Zappeduster (von Sabbath-Duster), Schlammassel, Mischpoke oder auch Schickse, führte die studierte Theologin als Beispiele den bei der Caritas engagierten Frauen und Männern auf.
Gebäude mit bedeutungsvoller Architektur
Erstaunt reagierten die Ehrenamtlichen auch auf die Architektur des Gemeindesaals im Gebäudekomplex der Synagoge. "Ziemlich verwinkelt und asymmetrisch", stellte eine der Besucher*innen fest. Den Grund erklärte die Gästeführerin: "Die Architektur soll verdeutlichen, wie sehr die Welt der Juden im Dritten Reich aus dem Lot geraten ist." Die alte Synagoge wurde 1938 in Brand gesteckt und anschließend gesprengt. Beim Nachbau der Synagoge in den Jahren 2008 bis 2010 habe man Rechte Winkel vermeiden wollen, daher der ungewöhnliche Baustil. Im Gemeinde- oder auch Festsaal finden neben Treffen der jüdischen Gemeinde auch kulturelle Veranstaltungen statt, die auch nicht-jüdischen Besuchern offenstehen.
Thora-Rollen sind Schätze der Synagoge
Ein Höhepunkt des Ausflugs war der Blick auf die vier Thora-Rollen aus aufgerollten Rindshäuten in einem abgetrennten Bereich der Synagoge. "Jede der Rollen umfasst die Fünf Bücher Mose", erklärte Karla Martin beim Anblick der aufwändig gestalteten Schriften. Beindruckt zeigte sich die Gruppe aus Mainz und Umgebung auch von den goldenen Wänden mit hebräischen Schriftzeichen. Beim Hinausgehen wies Karla Martin schließlich noch auf eine kleine, an der Tür hängende Schriftkapsel hin: "Das ist eine Mesusa, ein Segensspruch", verrät die Synagogen-Kennerin. Die Geschichte dahinter: Weil jüdische Gelehrte über Jahrhunderte stritten, ob die Mesusa nun horizontal oder vertikal anzubringen sei, fand man schlussendlich einen Kompromiss: Der Haussegen müsse schief hängen!