möglicherweise haben Sie das Gefühl, den Alkohol zu brauchen, um sich besser zu fühlen.
So geht es vielen Menschen. Sie sind damit nicht alleine.
Da niemand in Sie hineinschauen kann, nimmt Ihre Umwelt nur die äußeren Dinge wahr. Ihre Angehörigen und Freunde stellen Veränderungen fest und sehen oder vermuten einen Zusammenhang mit Ihrem Alkoholkonsum. Da kommt schnell der Ratschlag oder die Forderung, Sie sollten den Konsum reduzieren oder die Hände ganz vom Alkohol lassen. Sie versuchen es vielleicht auch und stellen fest, dass der Verzicht für Sie schwierig und unangenehm ist.
Der Alkohol hat leider die ungünstige Eigenschaft, dass er bei häufigem Konsum zu körperlichen Veränderungen führt. Eine Folge davon ist, dass die beruhigende Wirkung immer später eintritt. Es wird also im Laufe der Zeit immer mehr Alkohol benötigt, um die gewünschte Wirkung zu erzielen und die Gefahr, von diesem Stoff abhängig zu werden, wird immer größer.
Die Tatsache, dass die Entwicklung zu einem gefährlichen Konsum schleichend verläuft, erschwert eine korrekte Einschätzung ungemein. Für die betroffene Person, die den Alkohol als Helfer für sich entdeckt hat, wirkt es sogar bedrohlich, wenn sie nun auf diesen Helfer verzichten soll, ohne eine angemessene Alternative zur Verfügung zu haben.
Es ist eben völlig anders als bei einem Beinbruch. Der Beinbruch wird repariert und erfordert Schonung und in einem späteren Stadium Training und vor allem: jeder kann sehen, dass ich krank bin, weil ich mir das Bein gebrochen habe. Niemand wird von mir verlangen, die Krücken wegzuwerfen.
Die Krücke der Suchtkranken ist jedoch das Suchtmittel. Es hilft ihnen, in verschiedenen Situationen besser zu recht zu kommen. Dass und in welchem Maß sie diese Krücke brauchen, ist jedoch nicht so offensichtlich. Auch sind die Auswirkungen der Nutzung einer solchen Krücke ganz andere.
Man muss also schon genauer hinsehen, um zu verstehen, was hier abläuft. Da ist es natürlich einfacher, sich (innerlich und äußerlich) von dem kranken Menschen zu distanzieren. Was dieser jedoch tatsächlich braucht, ist eine Auseinandersetzung: möglichst klare Rückmeldungen aus seinem sozialen Umfeld und das Überlassen der Eigenverantwortung. Damit das gelingt, ist es erforderlich, dass sich Freunde, Angehörige, Kollegen etc. über diese Erkrankung informieren. Der Kranke selbst benötigt außer den Informationen zur Krankheit auch eine Perspektive für die Zukunft, eine Motivation zur Verhaltensänderung und etliches mehr, das im fachlichen Kontakt mit ihm erarbeitet wird (im Rahmen von Suchtberatung, ambulanter oder stationärer Suchttherapie oder Selbsthilfegruppe).
Denn eines steht fest: auch die Suchterkrankung ist erfolgreich behandelbar. Das beweisen die vielen Alkoholiker*innen, die nach ihrer Umkehr (mit oder ohne Rückfälle) nie wieder einen Tropfen Alkohol angerührt haben und seit vielen Jahren glücklich abstinent leben.
Caritaszentrum St. Elisabeth, Suchtprävention, Martina Krayer, Rochusstr. 8, 55411 Bingen, Tel. 0 67 21 / 91 77- 32, E-Mail: m.krayer@caritas-bingen.de
Pressemitteilung
Offener Brief an Menschen mit problematischem Alkoholkonsum
Erschienen am:
17.11.2020
Herausgeber:
Caritasverband Mainz e.V.
Hauptgeschäftsstelle
Grebenstraße 9
55116 Mainz
Hauptgeschäftsstelle
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55116 Mainz
Beschreibung