AD(H)S verstehen, Kinder stärken
Auf den Campus der TH Bingen strömen am 12. Mai rund 170 Besucher in die Hörsäle 5/101-103 zum Vortrag "AD(H)S verstehen - Kinder und Jugendliche fördern", den das Caritaszentrum St. Elisabeth geplant und hierzu eingeladen hat.
Der Referent Götz Müller, Dipl.-Psychologe und seit vielen Jahren im therapeutischen Kontakt mit AD(H)S-Familien, nimmt die Zuhörer mit auf eine Reise durch die Geschichte der "Zappelphilippe". Erste Erwähnung finden diese im Buch "Der Struwwelpeter". Die Erkrankung ist seit 47 Jahren von der WHO anerkannt und heute im ICD 10 und DSM 5 codiert.
Betroffene Kinder und Jugendliche ecken mit ihrem Verhalten an und versagen teilweise in der Schule. Eltern und pädagogische Fachkräfte kommen an die Grenzen ihrer Geduld und Weisheit, mit der Folge, dass Situationen eskalieren. Jedoch: Wie soll ein junger Mensch, der immer wieder das Gefühl bekommt, nicht in Ordnung zu sein, ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln und gut durch das Leben gehen?
Störreize spielen zentrale Rolle
Götz Müller veranschaulicht die Abläufe, der von ADS und ADHS Betroffenen im Gehirn. Zentrale Rolle spielen sogenannte Störreize, die - von außen oder von innen kommend - verhindern, dass der Betroffene, seine Handlungen zu Ende führen, bzw. seine Gedanken zu Ende denken kann. Auf dem Weg zu seinem Ziel verliert er dieses aus dem Auge, weil er von den ablenkenden Reizen auf andere Wege geführt wird. Daher ist die von AD(H)S betroffene Person eher in der Lage, das zu leisten, was von ihr verlangt wird, wenn die Botschaften kurz und eindeutig formuliert werden.
Ärzte und Therapeuten sind darin ausgebildet, die Erkrankung in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen zu diagnostizieren und zu behandeln. Einerseits durch die Gabe von unterstützenden Medikamenten, andererseits durch das Lehren von Strategien zur besseren Selbststeuerung.
Referent Müller erläutert, dass es verschiedene Ausprägungen des AD(H)S gibt, die nur zum Teil von außen erkennbar sind. Einen "Zappelphilipp" erkennen wir alle schnell. Wenn diese Person mit Aufgaben betraut wird, die sie in Bewegung bringen, kann diese Unruhe gelindert werden. Denn es geht den Betroffenen ja nicht darum, ihr Umfeld zu irritieren oder zu verärgern. Sie versuchen nur, ihre Unruhe loszuwerden. Die "Träumer" sind schon schwieriger zu erkennen, da sie nicht auffallen. Sehr leicht können die Gedanken z. B. einer Schülerin beim Diktat mit ihr auf Reisen gehen, nachdem ein bestimmter Begriff gefallen ist, der sie vielleicht an den letzten Urlaub denken und in einen Tagtraum versinken lässt. Und möglicherweise wacht sie erst am Ende des Diktats wieder auf, wenn sie hört: "Bitte das Heft schließen und abgeben". Da sie nicht durch unruhiges Verhalten auffällt, wird ihre Problematik meist erst spät erkannt. Darüber hinaus gibt es noch sogenannte "Mischtypen" des AD(H)S.
Selbsthilfegruppen und Elterntreffen
Götz Müller geht auf jede Frage ein und erreicht durch seine Beispiele, dass die Anwesenden eine Idee davon bekommen, was in den betroffenen Kindern abläuft und er gibt Tipps, welche einfachen Dinge im Alltag helfen können.
Am Ende der Veranstaltung machen die Mitarbeiterinnen des Caritasverbandes Mainz e. V. auf die beiden Selbsthilfegruppen aufmerksam, die es in der Nähe gibt: ADS Mainz e. V., Kontakt: info@ads-mainz.de und die AD(H)S Selbsthilfegruppe für Angehörige von Kindern und Jugendlichen - Bad Kreuznach, Kontakt: adhsselbsthilfe-kh@web.de.
Um den anwesenden Eltern einen weitergehenden Austausch zu ermöglichen, bietet die Erziehungsberatungsstelle des Caritasverbandes ab Anfang Juni ein monatliches Elterntreffen an. Anmeldungen werden unter folgender E-Mail-Adresse entgegen genommen: eb@caritas-mainz.de.
Nach 2 ½ Stunden gehen die Gäste der Veranstaltung, angereichert mit neuen Erkenntnissen, nach Hause. Der Vortrag wurde von der Kreisverwaltung Mainz- Bingen und dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung bezuschusst.
Martina Krayer, Caritaszentrum St. Elisabeth