Anti-Mobbing-Vortrag in Mainzer Schulen
Norman Wolf sitzt dort, wo normalerweise die Lehrkraft sitzt. Vor ihm haben sich 20 Schüler*innen einer achten Klasse der Martinusschule in Mainz im Klassenzimmer eingefunden. Von Anfang an ist es ruhig in dem Raum im ersten Stock, mit Blick auf den Schulhof. Genau an einem solchen Ort ist Norman Wolf durch die Hölle gegangen: "Wenn die Pause zur Hölle wird" hat er sein Buch genannt, mit dem er nun Schulen besucht um von seiner Schulzeit zu erzählen, die durch schlimmes Mobbing geprägt war. "Fünf Jahre lang habe ich das erlebt, was tiefe Narben bei mir im Kopf hinterlassen hat und mein Leben bis heute beeinflusst", erzählt er den Schüler*innen.
Der Schulranzen flog aus dem Fenster
Dabei wird er auch ganz konkret: sein Schulranzen flog aus dem Fenster, ein Mobber schlug ihm ins Gesicht, ein Mitschüler zerstörte sein Bild im Kunstunterricht, man lachte ihn aus und stellte ihn bloß. Diese Liste lässt sich vermutlich noch lange fortführen, doch Norman Wolf, inzwischen 30 Jahre alt und als psychosozialer Berater tätig, will auch den Schüler*innen Platz geben, um von ihren Erlebnissen zu berichten. Aus Erfahrung weiß er, dass sich viele nicht trauen, offen vor der Klasse zu sprechen. Daher bittet er alle Jugendlichen und auch die Lehrkräfte, die Augen zu schließen und lediglich die Hand zu heben auf seine Frage: "Wer von euch wurde schon gemobbt?". Anschließend löst er auf: Zwölf Schüler*innen haben sich gemeldet, dass sind in diesem Fall 60 Prozent. "Ganz schön viele, oder?", fragt er die erstaunte Klasse.
Schnell wurde klar, dass auch die Schulen eine Haltung einnehmen müssen, die ganz klar signalisiert: "Wir dulden das Verhalten (Mobbing) nicht; bei wiederholtem Auftreten folgen Konsequenzen." Es müsse deutlich gemacht werden, dass Mobber die Täter*innen sind und die Opfer geschützt werden müssen. Gleichzeitig braucht es auch eine Kultur von offenen Türen und Ohren für Kinder- und Jugendliche, die Hilfe brauchen.
"Wehrt euch!"
Norman Wolf möchte die betroffenen Personen ermutigen, sich Hilfe zu holen. "Redet darüber, wehrt euch und merkt euch eins: ihr seid nicht schuld!". Er habe sich damals gewünscht, es wäre auch zu ihm jemand gekommen und hätte ihm Mut gemacht. Erst nach vielen Jahren sei es bei ihm besser geworden: "Irgendwann hört es auf, jede Schulzeit geht vorbei." Auch wenn das Mobbing in seiner Schulzeit bis heute Auswirkungen auf sein Leben und sein Selbstbild hat, heute steht Norman Wolf fest im Leben. Und lässt es sich nicht nehmen, zum Ende der Veranstaltung den Schüler*innen seine wichtigste Botschaft mitzugeben: "Du bist wertvoll. Jeder einzelne von euch. Vergesst das nicht."